Region als Vorbild: Neuer Ansatz soll die Situation der Pflege verbessern

Im Seniorenzentrum Hl. -Geist-Stift in Amberg fand die „Zukunftswerkstatt stationäre Langzeitpflege“ statt. Was als Thema vielleicht etwas sperrig und abstrakt klingen mag, werde jeden von uns eines Tages treffen – ob persönlich oder als Angehöriger. Das sagt Michael Trummer, Vorstandvorsitzender des Caritas-Verbandes für Amberg und Amberg-Sulzbach. Auch er war im Hl.-Geist-Stift, um an dem Treffen teilzunehmen. Er sagt: „Es ist enorm schwierig für Familien, einen Platz zu bekommen, weil die Plätze einfach belegt sind.“

Rund 2000 Langzeitpflegeplätze gebe es in Amberg und im Landkreis. Das klinge nach viel, sei aber viel zu wenig, angesichts einer immer älter werdenden Bevölkerung. Trummer formuliert es so: „Immer mehr Ältere leben immer länger. Zeitgleich sind viele Betten leer, weil wir sie nicht belegen dürfen, weil das Personal fehlt.“ Doch auch das Personal altert, der Nachwuchs fehle. Wer in Rente geht, könne oft nicht ersetzt werden. Wie viele Fachkräfte in der Region aktuell fehlen, lasse sich so einfach nicht sagen, denn die Branche sei permanent in Bewegung.

„Zu wenig Mitarbeitende“
In fünf Workshops wurden mehr als zwei Stunden lang Ideen entwickelt, die nun zu Papier gebracht und „an die Politik adressiert werden, wie Trummer am Freitag auf Nachfrage ergänzte.

Die wesentlichen Inhalte: Es müsse darüber nachgedacht werden, die bisherige Grenze zwischen ambulant und stationär aufzubrechen, um den Pflegebedarf besser decken zu können. Aufgaben- und Personalstruktur müssen sich verändern, um weiterhin gute Qualität leisten zu können. Parallel dazu müssen die Dokumentationspflicht und der Bürokratie-Aufwand schlanker werden. Ein weiterer Punkt ist die Feststellung, dass es nicht nur um die Pflege an sich gehe, sondern auch um eine gute Bezahlung und eine sichere Finanzierungsgrundlage. Denn der Kostendruck sei enorm.

Trummer sagt, dass die Auslastung der Heime in der Amberg-Sulzbacher Region bei rund 88 Prozent liege. Das verhalte sich ähnlich wie bei der Zahl der Plätze. Klinge erstmal gut, sei es aber nicht, denn: „Wir brauchen eine Auslastung von 96 Prozent, um kostendeckend arbeiten zu können.“ Allein diese Zahlen belegten, „dass ein Defizit da ist.“

Die Folge: „Die Plätze werden immer teurer.“ Die Frage: „Wie lange kann man sich das noch leisten?“

Wenn nichts unternommen werde, drohe der Branche eines Tages der Kollaps. Auch wenn aktuell zu wenig Plätze vorhanden seien, sei es nicht damit getan, weitere Heime zu bauen, sagt Trummer und argumentiert: „Es gibt einfach zu wenig Mitarbeitende.“

Hoffen auf Nachahmer
Liane Breckner, Christian Trummer sowie ihre weiteren Kollegen aus der Steuerungsgruppe Zukunftswerkstatt (Marina Fink von St. Barbara Sulzbach-Rosenberg und Uwe Pihsowotzki vom Bürgerspital Amberg) wissen, dass die Landes- und Bundespolitik nicht von Amberg aus gestaltet werden kann. Dennoch wollen sie nicht untätig bleiben, wie Trummer sagt: „Durch dieses neue Format der Zukunftswerkstatt hoffen wir, dass es uns gelingt, die Themen in die Politik und in die Gremien zu bringen.

Deswegen hatten die Organisatoren nicht nur Christian Müller (Staatsministerium für Gesundheit und Pflege) sowie Achim Uhl, den in Amberg sitzenden Leiter des Landesamts für Pflege, eingeladen. Auch CSU-Bundestagsabgeordnete Susanne Hierl (Neumarkt) machte sich Notizen, die sie mit nach Berlin nimmt. Ihre wichtigste Erkenntnis: Bisher seien Wunsch- und Forderungslisten aus der Pflegebranche immer von Einzelakteuren an die Politik adressiert worden, „aber nie so geballt.“

Wenn nun bundesweit auch in anderen Städten und Landkreisen vergleichbare Aktionen folgten, „hat das ein ganz anderes Gewicht.“ Es wäre wünschenswert, „wenn das jetzt auch ein Startschuss, ein Signal für andere wäre.“

Alfons Kurz, von 1973 bis 2010 insgesamt 37 Jahre lang Geschäftsführer der Caritas im Raum Amberg und Amberg-Sulzbach, befand sich ebenfalls unter den Teilnehmern und formulierte es noch direkter: „Amberg hat jetzt angefangen. Die anderen sollen alle folgen.“